Rede der Landtagsabgeordneten Annette Watermann-Krass
Plenarsitzung 24.01.2019
Tierhaltung und Tierschutz in Nordrhein-Westfalen
Anrede,
Nutztierhaltung in NRW ist ein großes Thema: Mehr als ein Viertel der bundesweit rd. 27 Mio. Schweine werden hier gehalten. Dieses birgt große Herausforderungen, einmal für den Tierschutz (worauf mein Kollege Frank Börner noch eingehen wird), aber auch durch die starke Belastung auf das Ökosystem. Das zeigt die Antwort auf die Große Anfrage der Grünen ganz eindeutig.
Die Anfrage der Grünen weist insgesamt auf die wichtigsten Probleme in der Landwirtschaft hin. Sie greift die Fragen auf, die viele Menschen dazu führen, dass sie die moderne Landwirtschaft kritisch sehen. Wir wissen aus einer repräsentativen Forsa-Umfrage im Auftrag des „Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland“ von 2017, dass eine große Mehrheit der deutschen Bevölkerung grundsätzliche Veränderungen bei der Nutztierhaltung befürwortet. Mehr als zwei Drittel der Befragten – nämlich 73 Prozent – sprechen sich für strengere Vorschriften zur artgerechteren Haltung von Nutztieren wie Schweinen oder Hühnern aus.
82 Prozent der Bundesbürger sind der Ansicht, dass es eine gesetzlich vorgeschriebene Kennzeichnungspflicht für alle tierischen Lebensmittel geben sollte, die zeigt wie die Tiere gehalten wurden.
Und sogar 85 % der Befragten sind für ein Verbot von Reserveantibiotika in der Nutztierhaltung – um resistente Keime zu verhindern.
Und obwohl NRW ein bedeutender Standort in der Nutztierhaltung ist, insbesondere in der Schweinehaltung, zeigt die Große Anfrage leider nur zu deutlich, dass die Landesregierung mit ihren Antworten keine nachhaltige Lösung für die von der Landwirtschaft produzierten Probleme liefert.
Immerhin räumt die Landesregierung in ihrer Vorbemerkung ein, dass es in der Tierhaltung einen grundsätzlichen Reformbedarf gibt.
Anrede,
für unsere intensive Nutztierhaltung zahlen wir in NRW einen hohen Preis. Denn mit der Tierhaltung kommt es oftmals zu einer Belastung unserer Gewässer, der Böden und der Luft. So geht aus der Anfrage unter anderem hervor, dass diese Umweltbelastungen für Boden, Wasser und Luft teilweise sehr hoch sind.
Die Probleme sind bekannt: Die Versauerung des Bodens ist zwar in den vergangenen Jahren verlangsamt, aber nicht aufgehalten worden. Stickstoffbelastung und Übersäuerung bedrohen unsere Tier- und Pflanzenwelt. Auch durch den Einsatz von Antibiotika in der Tierhaltung reichern diese sich in Wasser und Boden an und verunreinigen so unsere Nahrung und bedrohen unsere Gesundheit. Das Grundwasser ist gerade in landwirtschaftlich geprägten Gebieten stark mit Nitrat belastet. Es gibt in NRW viele Baustellen bei der Aufgabe, die Umweltbelastungen durch Nutztierhaltung zu reduzieren.
Selbst wenn die Landesregierung in ihrer Antwort von einer „tendenziellen Verbesserung hinsichtlich der Nitratbelastung unter Acker-Einfluss“ redet, müssen wir uns doch vor Augen halten, dass solche Verbesserungen sich nur im Bereich von kleinen Nuancen beobachten lassen. Gerade im Bereich der Düngeregelungen haben wir, trotz der Düngeverordnung, immer noch einen starken Handlungsbedarf.
Ich bin gespannt, ob die Ankündigungen der Ministerin umgesetzt werden, eine Tiergesundheitsdatenbank zu entwickeln und eine Übergangsregelung zur Abschwächung im Bereich des Emissionsschutzes bei Stallumbauten zu finden. Wir begrüßen, dass die Landesregierung ankündigt, mit ihrer Nutztierhaltungsstrategie alle Handlungsfelder zu berücksichtigen. Noch wissen wir darüber nicht viel, aber die Eckpunkte lassen hoffen. Wir appellieren, dass die Rahmenbedingungen für die Nutztierhaltung zeitgemäß gestaltet werden.
Für uns ist klar: ein konsequenter Umbau der Nutztierhaltung benötigt, neben ausreichend Zeit, eine gute Vorbereitung und Planung – aber vor allem eine ausreichende finanzielle Unterstützung und noch mehr Dialog.
Dabei müssen die Ansprüche der Verbraucherinnen und Verbraucher an gesundes Fleisch, der Tierschutz und die erwerbsmäßige Grundlage der Betriebe zusammengeführt werden.
Wir lesen in der Großen Anfrage über die vielen Maßnahmen zur Steigerung der regionalen Vermarktung von heimischem Fleisch bzw. Fleischprodukten.
Doch Fördermaßnahmen, Auszeichnungen oder gezielte Programme in Kantinen, und in der Verpflegung in Kitas und Schulen sind für den Aufbau einer effektiven regionalen Wertschöpfungskette noch lange nicht ausreichend. Wenn wir die Nutztierhaltung in NRW nachhaltig gestalten wollen, muss auch an diesem Punkt angesetzt werden, um für die Halter und die Verbraucherinnen und Verbraucher eine regionale Vermarktung zu sichern.
Zur Verbesserung des Tierwohls muss allgemein mehr getan werden. Besonders wichtig ist uns die Einführung einer verpflichtenden Kennzeichnung für alle Betriebe, um für die Verbraucherinnen und Verbraucher transparent zu machen, woher ihre Tierprodukte stammen und wie die Tiere gehalten werden. Dazu muss das private und das staatliche Tierwohllabel zusammengeführt werden.
Wie Sie sehen, wirft die Große Anfrage mehr Fragen auf, als sie Antworten geben kann. Ich wünsche mir, dass wir gemeinsam für die Zukunft alle diese Herausforderungen angehen und den Mut aufbringen, neue Wege in der Nutztierhaltung zu beschreiten. Denn für eine gute Zukunft des Agrarsektors in NRW entscheidend sein wird, ob der Umbau der Tierhaltung im Dialog mit den Verbraucherinnen und Verbraucher und den Landwirten gelingt.
Vielen Dank.