Plenarrede (13.11.19) – Zukunftsperspektiven für die Landwirtschafts schaffen!

Annette Watermann-Krass reagiert für die SPD-Landtagsfraktion auf den CDU/FDP Antrag "Leistung von Landwirtinnen und Landwirten anerkennen, mittelständische Betriebe stärken, Rahmenbedingungen für zukunftsfähige Landwirtschaft in Nordrhein-Westfalen schaffen"

Plenarrede von Annette Watermann-Krass zum Antrag der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP auf Drucksache 17/7762:  „Leistung von Landwirtinnen und Landwirten anerkennen, mittelständige Betriebe stärken, Rahmenbedingungen für zukunftsfähige Landwirtschaft in Nordrhein-Westfalen schaffen.“

Mittwoch, 13. November 2019

(Es gilt das gesprochen Wort)

 

Annette Watermann-Krass (SPD): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Es liegen zwei Anträge vor. Die Ausführungen zum Antrag der sogenannten Alternative für Deutschland haben wir gerade gehört. Sie wollen den Notstand bei den Bauern ausrufen und sich beim Berufsstand der Landwirte anbiedern.

(Norwich Rüße [GRÜNE]: Einschleimen!)

Sie nehmen Ängste, Stimmungen und Kritik auf und verstärken sie,

(Helmut Seifen [AfD]: Ganz anders als Sie!)

um sie gegen die EU-Politik und die Umweltpolitik zu richten. Das, meine Damen und Herren, ist durchschaubar, und das lehnen wir ab.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Mit dem Antrag von CDU und FDP wollen Sie sich als Partner gerieren. Das haben Sie sehr gut zum Ausdruck gebracht, Frau Winkelmann. Ich habe mir ebenfalls die Protestaktionen unter dem Motto „Land schafft Verbindung“ angesehen. Ich bin ja bei denen. Sie wollen aber doch endlich einmal eine Antwort. Sie wollen eine ganz klare Aussage, wie es bei ihnen in Zukunft weitergehen soll. Denn bei all dem, was sie da aufgeführt haben, geht es doch im Kern darum, dass sie merken, dass die industrielle Landwirtschaft an ihre Grenzen kommt. Der Kapitaleinsatz – das gibt es in keinem anderen Berufsstand – für Investitionen, aber auch für die hohen Pacht- und Bodenpreise ist enorm. Auf der anderen Seite ist das, was Landwirte erlösen, einem so großen Preisdruck ausgesetzt, dass beides nicht mehr zusammengeht. Sie erwarten eine Antwort darauf, wie das in Zukunft wieder funktionieren kann.

Zu Ihrem Antrag: Ihre Forderungen sind nicht zielführend, zum Teil sogar widersprüchlich. In diesem Zusammenhang möchte ich nur das 5-ha-Ziel erwähnen, das Sie ansprechen, aber im LEP gecancelt haben. Sie bieten überhaupt keine Perspektive. Das ist in meinen Augen weiße Salbe, um sich als Partner darzustellen.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Was will die SPD? Das würde ich auch gerne zu dem Antrag hier sagen. Wir wollen drei Bereiche ändern: erstens die Modifikation der Agrarpolitik, zweitens die Förderung und den Ausbau des Ökolandbaus – Frau Winkelmann, wir haben auf Bundesebene das 10-Prozent-Ziel; ich finde, da sollten wir in NRW jetzt einmal Gas geben, damit wir hier den Anschluss halten –, drittens die Stärkung der regionalen Wertschöpfungsräume. Da versprechen Sie viel; aber da passiert wenig.

Zur EU-Agrarpolitik: Wir sagen, dass das Geld anders verteilt werden muss, nicht nach Fläche. Wir wollen als Sozialdemokraten ganz klar nach dem Motto „öffentliches Geld für öffentliche Leistungen“, also für nachhaltiges Handeln und Bewirtschaften, vorgehen. Die Mittel sollen sich nicht an Fläche binden, sondern an den Schutz des Klimas, des Wassers, des Bodens, der Insekten und der landwirtschaftlich gehaltenen Tiere. Das muss im Mittelpunkt der Förderung und der EU-Agrarpolitik stehen.

(Beifall von der SPD)

Eine Landwirtschaft, die nachhaltig ist, wird sich neben der Wirtschaftlichkeit auch an ökologischen und sozialen Zielsetzungen orientieren müssen. Deswegen ist ein Ausschütten mit der Gießkanne anhand der Fläche nicht richtig.

Zum Ausbau des Ökolandbaus: Die Nachfrage ist riesig. Der Bedarf steigt ständig. Das passt aber nicht mit den Angeboten aus eigener Produktion zusammen. Da geht jede Menge Wertschöpfung verloren. In Ihrem Antrag steht dazu kein Wort.

Zum Ausbau der regionalen Wertschöpfungskette: Der Wunsch nach regionalen Produkten nimmt zu. Zwei Drittel der Menschen wünschen sich das auch. Ich habe einmal in den Koalitionsvertrag von CDU und FDP geschaut, Frau Winkelmann. Darin steht: „Wir werden die Förderung ökologischer Landwirtschaft prüfen und angemessen fortführen. Wir werden die Vermarkungsstrukturen gleichermaßen für Bio- und konventionelle Erzeugnisse verbessern.“ Aber in den letzten zweieinhalb Jahren ist hier nichts passiert.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Die SPD hat derzeit einen schönen Antrag im Schulausschuss.

(Henning Höne [FDP]: Das kann ich mir nicht vorstellen!)

Ich kann nur darum bitten, diesem Antrag zuzustimmen. Darin geht es um gute Kita- und Schulverpflegung. Darin steht: Wir wollen, dass unsere Kinder regional und saisonal, möglichst mit ökologischen Produkten, natürlich auch irgendwann kostenlos, mit einem Mittagessen versorgt werden.

(Henning Höne [FDP]: Natürlich kostenlos! – Zuruf von Bianca Winkelmann [CDU])

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, ich lade Sie ein: Unterstützen Sie diesen Antrag. Denn dann kann ich, Frau Winkelmann, mit meinen Landwirten vor Ort Lieferverträge über das ganze Jahr abschließen. Das ist für sie dann eine Möglichkeit. Aber, wie gesagt: Wo ist das Programm für regionale Wertschöpfung? Wo ist die Antwort zur Schnittstelle Produktion/Lieferung? Auch dazu findet sich kein einziges Wort.

Wir freuen uns in diesem Sinne auf die weitere Beratung. Vielleicht wird die Ministerin dazu ja noch etwas sagen.

(Bodo Löttgen [CDU]: Und der Redner!)

Ansonsten kann ich nur festhalten: falsche Richtung.

(Beifall von der SPD)

Vizepräsidentin Angela Freimuth: Vielen Dank, Frau Abgeordnete Watermann-Krass. – Als nächster Redner hat für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Herr Abgeordneter Rüße das Wort. Bitte sehr.